UX ist wichtig, UX zahlt sich immer aus, UX-Investitionen rentieren sich immer. Wer hat es noch nicht gehört, wie toll gute User Experience wirklich sein soll. Aber was steckt wirklich hinter den Zahlen zum Return on Investment (ROI) von UX-Investitionen die man überall im Internet findet? Ist der oft zitierte Dollar den man in UX investiert wirklich 100 Dollar wert? In diesem Artikel möchte ich anhand einiger Beispiele verdeutlichen wie der Wert berechnet bzw. gemessen werden kann und stelle einige realistische Beispiele vor.
Was steckt wirklich hinter den Zahlen?
Die positiven Effekte einer guten UX sind vielfältig und reichen von höherer Kundenzufriedenheit über geringere Supportkosten bis hin zu steigenden Umsätzen. Doch um den ROI von UX-Maßnahmen zu verstehen, ist es wichtig, die zugrunde liegenden Zahlen zu analysieren. Eine gute UX kann beispielsweise dazu führen, dass Nutzer Aufgaben schneller erledigen können, was wiederum die Effizienz erhöht und die Produktivität steigert. Aber wie lässt sich das in konkrete Zahlen und letztlich in einen messbaren ROI umwandeln?
Wie messe ich den ROI von UX-Maßnahmen?
Die Messung des ROI von UX-Maßnahmen ist nicht immer ganz trivial und erfordert eine durchdachte Herangehensweise. Hier sind drei wichtige Schritte:
- Definieren der KPIs: Bevor der ROI gemessen werden kann, müssen klare Key Performance Indicators (KPIs) festgelegt werden.
- Datenerhebung und Analyse: Qualitative und quantitative Methoden helfen dir dabei einen Wert zu ermitteln den du im Vorher-Nachher-Vergleich verwenden kannst. Dazu gehören zb. Nutzerbefragungen, Usability-Tests, Web-Tracking-Tools oder die Analyse von Support-Daten.
- Vorher-Nachher-Vergleich: Ein Vergleich der Daten vor und nach der Implementierung von UX-Maßnahmen ist entscheidend, um die tatsächlichen Auswirkungen messen zu können.
Relevante KPIs für UX-Maßnahmen
Zur Messung des ROI können verschiedene KPIs herangezogen werden, hier sind einige Beispiele:
- Absprungrate und Konversionsrate: Diese KPIs messen das Nutzerverhalten und den Erfolg von Interaktionen auf einer Website. Dies kann bspw. durch Analyse Tools herausgefunden werden.
- Anzahl an Support-Anfragen: Kann sich durch benutzerfreundlichere Gestaltung und bessere Informationen verändern.
- Aufgabenzeit, Fehlerrate und Nutzerbelastung: Diese KPIs messen, wie schnell und fehlerfrei Nutzer arbeiten. Oft werden solche KPI’s unter kontrollierten Bedigungen getestet.
- Kundenzufriedenheit: Dieser KPI umfasst Umfragen zur Zufriedenheit oder zb. den Net Promoter Score (NPS)
Beispiel: Optimierung des Check-Out Prozess
Du stellst fest, dass nur wenige Nutzer den Checkout-Prozess erfolgreich abschließen. Dies kann verschiedene Ursachen haben: Einige Kunden möchten vielleicht nur stöbern, Preise vergleichen oder die Versandkosten prüfen, ohne eine Bestellung abschließen zu wollen. Besonders kritisch sind jedoch die Fälle, in denen echte Kaufabsichten bestehen, der Checkout-Prozess jedoch aufgrund unterschiedlicher Hürden abgebrochen wird.
KPI’s vor den UX Maßnahmen:
- Jahresumsatz: 800.000 Euro
- Jährlich 10.000 Bestellungen
- Durchschnittlicher Warenkorbwert: 80 Euro
Um die Abbruchstellen im Checkout-Prozess zu identifizieren, wurde ein Analyse-Tool auf der Webseite installiert (Kosten: 500 Euro). Die Auswertung der Ergebnisse (3 Stunden à 100 Euro = 300 Euro) ergab ergab eine Abbruchrate im Checkout-Prozess von 70% (Weiterer KPI) und bei genauerer Betrachtung zwei Hauptgründe für diese Abbrüche:
- Der Checkout-Prozess ist zu kompliziert.
- Versandkosten für einige Länder sind nicht verfügbar.
UX-Maßnahmen: Ein UX-Designer wird beauftragt, den Checkout-Prozess zu vereinfachen und ein transparentes System für die Versandkosten zu implementieren. Die Kosten hierfür belaufen sich auf 15 Stunden à 100 Euro. Zusätzlich wurden Usability-Tests durchgeführt, um die Benutzerfreundlichkeit sicherzustellen (Kosten: 1.000 Euro).
Umsetzung: Nach der Optimierung wurde der neue Checkout-Prozess implementiert (Kosten: 10 Stunden à 100 Euro). Durch kontinuierliches Tracking und Beobachtung der Bestellungen kann der Unterschied zur vorherigen Version verglichen werden. Optional ist auch der Einsatz von A/B-Tests möglich, um einen direkten Vergleich zu ermöglichen und saisonale Schwankungen zu vermeiden.
KPI’s nach den UX Maßnahmen: Die Optimierungen führten zu einer Umsatzsteigerung von 8 %. Der neue Jahresumsatz beträgt damit 864.000 Euro. Bei einer durchschnittlichen Gewinnmarge von 20 % entspricht dies einem zusätzlichen Gewinn von 12.800 Euro pro Jahr. Die Abbruchrate sank um 2,4 Prozentpunkte auf 67,6 %.
Zusammenfassung der Investitionskosten:
Analyse-Tool: 500 Euro
Auswertung der Daten: 300 Euro
UX-Designer: 1.500 Euro (15 Stunden à 100 Euro)
Usability-Tests: 1.000 Euro
Implementierung: 1.000 Euro (10 Stunden à 100 Euro)
Gesamtkosten: 4.300 Euro
Mit diesen Zahlen kann schlussendlich der ROI (Return on Investment) berechnet werden. Dieser gibt den Gewinn im Verhältnis zur getätigten Investition an und kann mit der folgenden Formel berechnet werden:
Berechnung des ROI:
Durch die Optimierungen erzielst du einen zusätzlichen Gewinn von 12.800 € pro Jahr. Der ROI berechnet sich wie folgt:
ROI über ein Jahr: (12.800 € – 4.300 €) / 4.300 € = 1,98
ROI über 3 Jahre: (38.400 € – 4.300 €) / 4.300 € = 7,93
Das bedeutet, dass jeder in UX investierte Euro bereits im ersten Jahr fast zwei Euro zurückbringt und, wenn man die Maßnahme nachhaltig betrachtet, sogar nahezu acht Euro über einen Zeitraum von drei Jahren.
Dieses Beispiel zeigt, wie der ROI für UX-Maßnahmen realistisch berechnet werden kann und in welchen Größenordnungen man sich bewegt. Der ROI ist natürlich abhängig vom Umsatz bzw. Gewinn und kann bei sehr kleinen Online-Shops geringer, bei umsatzstärkeren Shops aber auch deutlich höher ausfallen. Außerdem hängt es davon ab wie Umfangreich bzw. wichtig die getätigten Optimierungen waren. War der Shop davor bereits “ganz gut”, fällt der ROI ebenfalls niedriger aus.
Weitere Beispiele für ROI von UX
Der ROI muss nicht immer messbar sein
Nicht immer ist der ROI genau messbar. Oft ist das auch gar nicht notwendig. UX sollte als kontinuierlicher Prozess betrachtet werden, der den gesamten digitalen Auftritt eines Unternehmens beeinflusst – von Produkten bis hin zu Dienstleistungen. Ein gut durchdachter, einfacher Ansatz kann hierbei großes bewirken. Aspekte wie Vertrauen, Freude und Kundenbindung profitieren stark von einer guten UX. Ebenso hat eine gute UX direkte Auswirkungen auf das Ranking in Suchmaschinen. Außerdem muss nicht immer alles sofort umgesetzt werden – oft ist es ausreichend, vorerst nur an den Schrauben zu drehen wo der größte Effekt erwartet wird.
Fazit
Der ROI von UX-Maßnahmen ist natürlich kein Mythos, sondern lässt sich durch gezielte Messungen und Analysen klar nachweisen. Ein ROI von 1 zu 100 oder 200 ist zwar meist nicht zu erwarten, aber auch nicht notwendig, um signifikante Vorteile zu erzielen. McKinsey schreibt, dass Unternehmen, die in Designkompetenzen zu den besten 25 % gehören, ein bis zu 32 % höheres Umsatzwachstum und 56 % höhere Gesamtrenditen für Aktionäre im Vergleich zu ihren Branchenkollegen verzeichnen. Die Integration von Design in die Unternehmensstrategie und dessen Messbarkeit sind daher entscheidend, um finanzielle Vorteile und langfristiges Wachstum zu erzielen.
Die aufgezeigten Beispiele zeigen, dass sich Investitionen in UX lohnen und konkrete, messbare Vorteile bringen.